Ein Brief von Kurt Flöry
Anwesen Preding 23
Hausname „Schustermörtl“ (Mörtl = Martin)
Das Haus wurde um das Jahr 1760 gebaut, wie der Balken im Bauernzimmer (1761) anzeigt. Es war zur Herrschaft Tannhausen zinspflichtig (Zehent) bis zur Bauernbefreiung 1848. Ab diesem Jahr konnten die „freien“ Bauern nicht mehr in Naturalien ihre Giebigkeiten entrichten, sondern mußten ihre Steuern in Geld bezahlen. Das Haus war damals kleiner und niedriger, und wie ich von alten Predigern erfahren habe, die es wieder von ihren Eltern wußten, mit Stroh bedeckt.
Um das Jahr 1880 hat Herr Schlacher, der Gewerke der Eissengießerei, das Haus samt Gründen erworben. Etwa um 1895 hat Herr Schlacher das Haus grundlegend umgestaltet; er wollte auf seiner Hube nicht mehr ein Bauernhaus haben, sondern, dem damaligen Modetrend entsprechend, ein „Schweizerhaus“ besitzen. Er ließ das Haus um 1 ½ Meter erhöhen, setzte einen neuen Dachstuhl darauf mit einem breiten Vordach, darunter straßenseitig einen Balkon aus Holz. Damals wurde die straßenseitige Hälfte des Hauses ganz erneuert und auch der schöne große Keller sowie das Gartenhäusel gebaut. Ein „Moar“ verwaltete das ganze Anwesen und war seinem Herrn für alles verantwortlich.
Im Jahr 1923 ist Herr Schlacher verstorben, es übernahm seine Witwe Ludmilla Schlacher sowohl die Eisengießerei als auch die Landwirtschaft am Moarweg. Es bleib ihr schließlich nichts anderes übrig, als die Landwirtschaft zu verpachten, und seither haben also nur Pächter die Gründe bearbeitet. Sie waren alle bemüht möglichst viel aus der Wirtschaft herauszuholen und möglichst wenig zu investieren und zu reparieren. – Von der Familie Schlacher erbte dann Herr Ing. Derler das Anwesen, der aber auch früh verstarb. Nach ihm erbte eine entfernte Verwandte, Frau Frick, die Landwirtschaft. Sie hatte kein besonderes Interesse daran und verkaufte die Äcker stückweise. Damals, 1968 habe auch ich die Gebäude und Grundstücke erworben.
Nach drei Pächtern innerhalb von 50 Jahren war das Haus völlig abgewohnt und kaputt. Die Bretterböden in den Zimmern waren abgetreten und teilweise morsch, die Decken zersprungen, der Balkon heruntergebrochen, das Vordach darüber um einen Meter zurückgenommen, weil der Sichtbalken vermorscht war. Der letzte Pächter hat nicht einmal das Dach ausgebessert, so daß das Regenwasser in den 1. Stock floß. Die Kamine waren kaputt, es gab kein Klo im Haus, kein Wasser, und das „Herzerlklo“ befand sich links neben der Presstüre im Freien.
Ich habe versucht, das Haus in halbwegs wohnlichen Zustand zu versetzen. Was dies an Mühe, Arbeit und persönlichem Verzicht bedeutet hat, kann niemand ermessen. Ich bin ja schließlich nur Bezieher eines Beamtengehaltes gewesen.
Kurt Flöry